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BLAU
 
 
  
der STANDARD
  
Monochromie des langsamen Sterbens 
 Das blaue Meer brüllt und donnert. Die lautstarke Geräuschkulisse ebbt ab  und erzwingt eine Stille. Die bebilderten Gedanken, die dem Zuschauer  durch den Kopf jagen, werden zu Kerkerwänden der Seele.  Der Bühnenbildner, Mahler und Filmemacher Derek Jarman hat uns einen  minimalistischen Text hinterlassen, quasi ein Testament für die unendliche Liebe,  in die der Mensch eintauchen kann. BLUE, Jarmans letzter film, ist Yves Klein gewidmet, mit dem er die Auffassung teilt,  dass „es mehr gibt, als das Auge trifft“; er behandelt das Leben mit AIDS, schafft Sinn  für die Wirklichkeit und hält einer poetischen Theateradaption stand. Schon in seinem filmischen Meisterwerk The Last of England (1986), in dem er  den gesellschaftlich desolaten Zustand Englands im Zeitalter des Thatcherismus wiederspiegelt,  reflektiert er sein persönliches Unbehagen als AIDS-infizierter.  Jarman erblindete krankheitsbedingt und starb im Alter von 52 Jahren. Harald Jokesch vertraut  90 Minuten lang dem Vermächtnis des Bildererzählers. Textsicher, die Krankheit andeutend,  erspielt er sich Jarmans Gedankenwelt, die dem „Wesentlichen gehorcht“.  Wie der Tropf im Sekundentakt tropft, reflektiert er, im Krankenstul sitzend,  unaufhörlich Alltagsbilder.
 
  
Farbe des Lebens 
Thomas Jelinek stellt in den kahlen Raum einen Monitor, dessen Bildfläche strahlt  und verdeutlicht, dass Blau für Jarman die Farbe des Lebens war.  Eine nackte Glühbirne glimmt und verlischt sogleich wieder. Sie leuchtet nie in voller Helligkeit,  ihr gedämpftes Licht wirft keine Schatten, die Erinnerungen überstrahlen  ein flüchtiges Leben im Bewusstsein des bevorstehenden Todes. Ein beeindruckender Abend, geheimnisvoll und kühl wie „blauer Frost“.
                                              Werner Walkner / derSTANDARD
 
  
taz berlin
 Schön & traurig: Eine Inszenierung aus Wien nach Jarmans Film "Blue"
  Bevor Derek Jarman 1994 an den Folgen von Aids starb, tauchte er sein zerfallendes Leben in Farbe.  Von einem tiefen, monochromen Yves-Klein-Blau war die Leinwand seines filmischen Vermächtnisses  „Blue“, und nur seine Stimme malte tieftraurige, menschliche Konturen hinein.  „Blau ist sichtbar gemachte Finsternis“, blau ist das Meer der Toten; und blau ist auch der sommerliche Himmel, die „unendliche Liebe“ und „Glückseligkeit“. [ ... ] Der Schauspieler Harald Jokesch und der Regisseur Thomas Jelinek haben die letzte aller Farben auf einen pausenlos leuchtenden Fernsehschirm gebannt [ ... ] Wenn Harald Jokesch zu sprechen anhebt, dann ist seine Stimme dunkel und wohltönend. Sie spricht vom Krieg in Bosnien und von den toten Freunden, sie springt von "gierigen Lippen" zur "blasenschlagenden Netzhaut". [ ... ] Hier sind alle menschlichen Gefühle versammelt. Nur in den Augen, da ist bereits Leere eingekehrt. Jarman hat dem Verschwinden eine Farbe gegeben. Nun hat es ein Gesicht. [ ... ]
                                              Sabine Leucht / TAZ
 
  
Neue Zürcher Zeitung
  Lebensgrenzgänge
  Bühnenfassung von Derek Jarmans Blue
  Blue ist der schlichte Titel des letzten Films des britischen Regisseurs Derek Jarman [...]
  [...] Thomas Jelinek hat der Monochromie der Filmvorlage nur gerade jene Requisiten beigefügt, die den Text aus der anonymen Distanz in die Unmittelbarkeit der Bühnenrealität rücken. Auf den Stuhl gebannt, die gesamte Aufführung lang, wird der Schauspieler, Harald Jokesch, zum Objekt der Wahrnehmung, seine Mimik und Gestik werden zum Ereignis. Zart und zerbrechlich reckt sich ein weiches Gesicht dem harten Licht der Glühlampe entgegen. [...]
  Im ständigen Schwanken zwischen geistiger Stärke und körperlichem Zerfall liegt die Spannung des Abends, im Wechsel der assoziativen Passagen und der realistischen Schilderungen einer Krankheitsphase, die den Traum vom Leben mit jenem vom Sterben ineinanderlaufen lässt. [...]
  [...] wenn sich Text, Stimme, Gesichtsausdruck und Körperhaltung zu einem Manifest irdischer Vergänglichkeit verbinden. Das geht nicht nur unter die Haut sondern direkt ins Lebendige.
  Gerda Wurzenberger / Neue Zürcher Zeitung
 
  
 
Neue Zürcher Zeitung 
 
File:  nzz_blue.pdf (Size: 4.78 mb)
  
Author: Thomas Jelinek Published by: 19527Thomas Jelinek factID: 1229333.1 published on 26 Aug. 2008; 22:58
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
        
 
 
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